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Was ist Biofeedback?

Beim Biofeedback geht es darum, dass Personen die Fähigkeit erlangen ansonsten unbewusst ablaufende körperliche Prozesse willentlich zu kontrollieren. Im klinischen Bereich kann Biofeedback sowohl für Behandlungen von Krankheiten als auch zur Verbesserung der allgemeinen Gesundheit angewandt werden.

Im Jahr 2007 definierte eine Gruppe rund um die AAPB (Association for Applied Psychophysiology and Biofeedback) Biofeedback wie folgt (Übersetzung aus dem Englischen):

„Biofeedback ist ein Prozess, welcher einem Individuum ermöglicht zu lernen wie physiologische Aktivität verändert werden kann, um Gesundheit und Leistung zu verbessern. Präzise Instrumente messen physiologische Aktivität wie Gehirnwellen, die Herzfunktion, Atmung, Muskelaktivität und den Hautleitwert. Diese Instrumente liefern schnelle und präzise Informationen an den Anwender zurück.

Die Präsentation dieser Information – oft in Verbindung mit Veränderungen in Denken, Emotion und Verhalten – unterstützt gewollte physiologische Veränderungen. Im Laufe der Zeit können diese Veränderungen ohne fortlaufenden Einsatz eines Instrumentes andauern.“

Wie funktioniert Biofeedback?

Sowohl Biofeedback als auch Neurofeedback sind holistische Therapien, welche auf der Erkenntnis beruhen, dass Veränderungen in Kognition und Emotion den Körper beeinflussen und vice versa. Die positiven Effekte des Trainings verbessern Gesundheit, Lernen und Leistung. Eines der wichtigsten Ziele der Biofeedbacktherapie ist das Erlernen von Fähigkeiten zur Selbstregulation und die Generalisierung dieser Skills auf das Leben außerhalb der Behandlung.

Über die Sensoren eines Biofeedbackgerätes werden (ansonsten unbewusst ablaufende) Körperfunktionen gemessen und rückgemeldet. Der Klient kann durch diese Methode Einsicht in diese Prozesse gewinnen und lernen diese (z.B durch Gedanken und Vorstellungen) zu beinflussen. Die Rückmeldung erlaubt dem Individuum die ablaufenden Prozesse wahrzunehmen und diese willentlich zu beeinflussen. Frank et al. verwenden den passenden Vergleich, dass das Biofeedback genau wie ein Spiegel wirkt mit dem Patienten in ihre Körper sehen können. Ein ausgebildeter Therapeut hilft Ihnen anschließend dabei, das Feedback für eine Entwicklung in Richtung Gesundheit zu nutzen.

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Biofeedback-TRAINING

Ein wesentlicher Punkt ist jener, dass Biofeedback keine „Behandlung“ in dem Sinne ist, dass man nur passiv daran teilnimmt, sondern ein Training, das aktive Teilnahme und Übung erfordert. Frank et al. vergleichen es mit dem Erlernen des Fahrrad Fahrens oder einer neuen Sprache.

Mit Biofeedback kann den Patienten auch gezeigt werden, wie ihr Körper auf geistige Stimuli reagiert – vor allem auf jene, welche stressbehaftet sind. Dies kann zum Beispiel mit einer Art Stress-Test geschehen, bei welchem sich die Phasen Entspannung-Stress-Entspannung abwechseln. Der Therapeut kann im Nachhinein dem Patienten auch genau erläutern, welche Bedeutung die Parameter und die Veränderung dieser für die Gesundheit des Patienten haben.

Biofeedback kann sowohl als eine alternative als auch als eine ergänzende Therapie angeboten werden. Frank et al. geben als Gründe beispielsweise an, dass die aktuelle Behandlung keine ausreichenden (oder gar keine) Ergebnisse zeigt oder, dass der Patient intolerant auf Medikamente reagiert.1

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Gründe für Biofeedback

Die Mayo-Klinik führt als Gründe für eine Behandlung mit Biofeedback an:

  • Die Methode ist nicht-invasiv
  • Sie könnte den Bedarf an Medikamenten reduzieren oder eliminieren
  • Sie könnte eine Behandlungsalternative für jene sein, welche Medikamente nicht vertragen
  • Sie könnte eine Option sein, falls Medikamente nicht gut wirken
  • Sie könnte bei manchen Indikationen während der Schwangerschaft eine Alternative zu Medikamenten sein
  • Die Methode hilft Personen, Kontrolle über ihre eigene Gesundheits zu gewinnen.2

Auf der Seite von Insight Instruments wurden Erfahrungsberichte von Biofeedback-Anwendern dazu verwendet, um eine Artikel-Serie über die Vorteile der Methode zu verfassen. Hierbei ergaben sich grob gesagt folgende Punkte:

Einsicht: Die Methode kann über ihre technisch-objektive Herangehensweise helfen, Patienten und Klienten überhaupt erst zu zeigen (beweisen), dass ein Problem vorliegt. Weiters öffnet die Sichtbarmachung des Einflusses externer Faktoren auf körperliche Prozesse das Verständnis für ein bio-psycho-soziales Krankheitsmodell.

Diagnostik und der richtige Weg: Über Stresstests (siehe auch Abschnitt Anwendungsgebiete) kann der individuelle psychophysiologische Reaktionstypus des Patienten festgestellt werden. Weiters bietet die Methode die Möglichkeit, die individuell passendste Vorgehensweise herauszufinden und zu zeigen, welche Technik am schnellsten zum Erfolg führt.

Kontrollerleben: Vor Allem bei chronischen Erkrankungen fühlen sich Patienten und Klienten der Krankheit oft hilflos ausgeliefert. Der aktive Zugang und der Aspekt des bewussten Beeinflussens helfen, das Gefühl der Kontrolle wiederzuerlangen.

Motivation: Biofeedbackgeräte helfen hierbei, indem sie selbst kleinste Veränderungen objektiv rückmelden. Dieses Zeichen, dass „etwas passiert“, motiviert zum Fortführen der Therapie.

Verlaufskontrolle: Die objektive Rückmeldung der gemessenen Parameter ermöglicht es sowohl dem Patienen/Klienten als auch dem Anwender zu überprüfen, ob der eingeschlagenen Weg in die richtige Richtung führt oder ob eine Nachjustierung sinnvoll wäre.3

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Was wird gemessen?

Biofeedback umfasst verschiedene Modalitäten, welche gemessen und rückgemeldet werden können. Normalerweise sind diese Werte nicht wahrnehmbar, doch Biofeedback bietet über Echtzeitdaten die Möglichkeit für den Patienten, diese Werte zu beeinflussen. Mit der Zeit kann schlussendlich die Fähigkeit erlangt werden, diese Beeinflussung ohne Geräte (im Alltag) anwenden zu können.

Kurzübersicht

Die bekanntesten Paramter des Biofeedback sind:

  • Hautleitwert
  • Temperatur
  • Muskelspannung
  • Durchblutung
  • Atmung
  • EEG (Neurofeedback)
  • Puls und Herzratenvariabilität

Natürlich gibt es noch andere, das sind aber die wichtigsten.

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Hautleitwert (SCL)

Der Hautleitwert gibt Rückmeldung über die Schweißdrüsenaktivität der Haut, welche eng mit sympathischer Erregung korreliert. Entspannung führt daher meist zu einem Absinken des Hautleitwertes.

Der Hautleitwert liefert Information über die Schweißdrüsenaktivität der Hand. Diese Werte gelten als gutes Maß für Anspannung und Entspannung.

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Temperatur (TEMP)

Beim Temperaturtraining geht es darum, zu erlernen die peripheren Extremitäten (meist die Hände) zu erwärmen. Um dies zu erreichen ist Entspannung notwendig, welche zu einer Weitung der Blutgefäße, damit zu mehr Durchblutung und damit zu mehr Wärme führt.

Diese Art des Feedbacks wird oft mit anderen Methoden kombiniert, um allgemeine Entspannung zu erlernen, ist aber auch z.B. in der Migräneprophylaxe oder zur Behandlung von Morbus Raynaud bestens geeignet.

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Muskelspannung - EMG

Das Oberflächen-EMG ist laut Frank et al. wohl die meist gemessenste Variable. Bei dieser Modalität erlangen Klienten Kontrolle über die Muskelspannung.

Das Ziel ist meist eine Verminderung von Überspannung, welche sich oft in chronischen Schmerzzuständen äußert. Die Anwendung erfolgt daher am häufigsten bei Erkrankungen wie Spannungskopfschmerzen oder Rückenschmerzen. Allerdings wird diese Methode auch zum Wiederaufbau geschwächter Muskulatur genutzt (wie z.B nach Schlaganfällen oder bei Inkontinenz).

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EEG - Neurofeedback

Neurofeedback ist auf theoretischer Ebene eine Unterkategorie des Biofeedback. Unter anderem aufgrund einer gestiegenen Popularität der Methode hat es sich aber eingebürgert, die Methode als einzelnen Punkt zu nennen.

Beim Neurofeedback werden neuronale Netzwerke neu strukturiert, indem gezielt bestimmte Frequenzbandänderungen trainiert werden. Angewandt wird die Methode beispielsweise zur Behandlung von ADHS oder zur allgemeinen Förderung der mentalen Leistungsfähigkeit.

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Atmung (RESP)

Auch die Atmung kann für ein Biofeedback-Training verwendet werden. Trainiert werden hierbei die Atemtiefe, Atemfrequenz sowie eine bewusste, tiefe und entspannte Bauchatmung.

Atem-Biofeedback hat sich bei Störungen aus dem Angstspektrum (bis hin zu PTBS) als sehr wirksam gezeigt, wird jedoch auch in vielen anderen Fällen angewandt. So ist Atem-Biofeedback auch eine beliebte Stressreduktionsmodalität und wird auch zusammen mit dem Training der HRV (nächster Punkt) genutzt.

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Puls und Herzratenvariabilität

Die HRV bezieht sich auf den Anstieg und Fall der Herzrate beim Ein- und Ausatmen. Eine zu geringe Variabilität ist ein Zeichen für schlechte kardiovaskuläre Gesundheit.

Beim HRV-Training wird die Synchronizität von Herzschlag und Atmung trainiert, welche sich positiv auf die Stressreaktionen des Patienten auswirkt. Diese populäre Methode wird z.B zur Behandlung von Depressionen angewandt. Auf der Seite des Geräteherstellers Insight Instruments finden Sie auch einen sehr umfangreichen Artikel über die Herzratenvariabilität.

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Durchblutung (Vasokonstriktion)

Beim Vasokonstriktions-training wird ein entsprechender Sensor, der die Durchblutung an der Schläfenarterie misst, angebracht und dem Klienten wird die Enge, bzw. Weite dieser Arterie meist als Kreisring rückgemeldet.

Je kleiner in diesem Fall der Kreisring ist, desto enger ist die Arterie. Für die Platzierung der Elektrode empfehlen sich Klebelektroden oder ein Stirnband,

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Anwendungsgebiete

Entsprechend der Vielfalt der Feedback-Modalitäten sind auch die Anwendungsgebiete von Biofeedback und Neurofeedback umfangreich. Im Folgenden soll eine Übersicht über einige dieser Anwendungsgebiete gegeben werden. Diese erhebt selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Entspannungstraining: Biofeedback kann verwendet werden, um Patienten und Klienten dabei zu helfen, sich bewusst und aktiv zu entspannen. Die direkte Rückmeldung am Bildschirm erleichtert jedoch den Zugang zum inneren Geschehen und hilft, die Belastung zu erkennen.

Diese direkte Rückmeldung kann auch als Unterstützung für andere Entspannungsverfahren (Autogenes Training oder PMR) angewandt werden, deren Erfolge meist nicht sofort sicht- oder spürbar sind.

Stress und Burnout

Biofeedback hat sich als wirksame Methode gezeigt, um Stress und Burnout aktiv entgegenzutreten. Oft wird die Methode auch als Mittel verwendet, um Patienten und Klienten überhaupt erst eine Stressbelastung bewusst zu machen, da das „Gefühl“ für die eigenen Körperprozesse abgeschwächt wurde.

Angewandt werden beispielsweise Sitzungen, welche Patienten und Klienten beim Erreichen von Entspannung unterstützen und belohnen.

Schlafstörungen

Eine Kombination aus z.B Atem- und EMG-Biofeedback ermöglicht den Betroffenen die Einübung von Entspannung. Durch das Erlernen und Anwenden solcher Übungen oder Rituale kann der Schlaf aktiv eingeleitet werden. Man bringt den Körper sozusagen bewusst in einen Ruhezustand.

Bruxismus und Gesichtsschmerz

Durch Rückmeldung verschiedenster beteiligter Muskeln wird hier zunächst die allgemeine Entspannungsfähigkeit trainiert. Ist diese Fähigkeit gefestigt, beginnt das präzise Training der diskriminativen Muskelwahrnehmung durch Üben unterschiedlicher EMG-Spannungsniveaus.

Morbus Raynaud

Bei dieser Erkrankung, umgangssprachlich auch als Weißfingerkrankheit bezeichnet, wird mittels Biofeedback erlernt, die Hände willentlich zu erwärmen. Zunächst erfolgt das Training der Handerwärmung unter Entspannungsbedingungen, danach wird dieses bei Vorgabe von Kältereizen fortgeführt. Heimtrainings sollen den Übertrag in den Alltag unterstützen.

Rehabilitation

In der Rehabilitation, z.B nach Schlaganfällen, ist Biofeedback vor Allem auch hilfreich, um die Motivation des Patienten aufrecht zu erhalten und seinen Behandlungserfolg zu zeigen. Über EMG-Biofeedback wird auch jede kleinste Regung eines geschwächten Muskels abgeleitet und dargestellt. Damit werden auch nicht spürbare oder mit freiem Auge merkbare Erfolge verdeutlicht.

Arthritis

Das Hauptziel der Behandlung ist die Reduktion der Symptome und die Besserung der Lebensqualität. Um die Symptome anzugehen, verwendet das Biofeedback-Training die Modalitäten der peripheren Temperatur, der Muskelaktivierung, des Pulses, der Atmung und des Hautleitwertes, damit Patienten den autonomen Heilungsprozess besser kontrollieren und steigern können.

Verstopfung

Funktionale oder chronisch idiopathische Verstopfung ist charakterisiert durch dauerhaft erschwerte oder infrequente Defäkation, welche nicht ausreichend durch bekannte Ursachen erklärt werden kann und in mindestens 3 von 6 Monaten auftritt (World Gastroenterology Organisation, 2010).

Funktionale Verstopfung umfasst Slow-Transit Verstopfung (abnorme Rate von Fäkalmaterial, welches durch den Darm verarbeitet wird) und Dyssinergische Defäkation (Probleme mit der Stuhlentleerung). Studien zeigten, dass Biofeedback hier für zweitere Indikation hilfreicher ist.

Einige Reviews haben die Effektivität von Biofeedback in der Behandlung von Verstopfung untersucht und berichten von der Überlegenheit der Biofeedback-Therapie anderen Verfahren gegenüber.

Motion Sickness - Reisekrankheit

Durch das Herstellen einer sympathischen Reaktion auf Bewegung (z.B das Drehen eines Stuhls) kann eine moderat-stabile Antwortreaktion erhoben werden. Diese kann dann als Wegweiser für ein personalisiertes Training zur Steigerung der Resistenz gegen Reisekrankheit angewandt werden.

Angst und Angststörungen

In der Behandlung von Angststörungen wird Biofeedback auf zweierlei Weisen angewandt. Zum einen kann über ein Entspannungstraining erlernt werden, die Grundspannung zu senken und damit die Belastung und Häufigkeit von Symptomen an sich zu verringern.

Während des Konfrontationstrainings wiederum werden angstbesetzte Inhalte (Höhen, Spinnen) mittels Videos oder Bildern präsentiert und gleichzeitig das Erregungsniveau angezeigt. Ziel ist es dann angesichts dieses Stressors ruhig zu bleiben (Konfrontationstherapie).

Chronischer Kopfschmerz

Biofeedback ist sowohl für die Überkategorie Kopfschmerz, als auch für die Unterkategorie Spannungskopfschmerz ein wirkungsvolles Verfahren. Muskuläre Verspannungen durch Schmerzempfinden führen oft zu einer Aufrechterhaltung des Schmerzes in einem Teufelskreis von Schmerz – Stress – Verspannung – mehr Stress – mehr Schmerz. Die Behandlung konzentriert sich daher primär auf die Reduktion der Muskelanspannung im Kopf- und Nackenbereich mittels EMG-Biofeedback.

Migräne

Auch hier wird die Krankheit auf zwei verschiedenen Wegen angegangen. Mittels Handerwärmungstraining wird eine allgemeine Entspannung trainiert, welche verhindern soll, dass Anfälle auftreten oder deren Häufigkeit verringern.

Mittels Training der bewussten Steuerung der Schläfenarterien-Durchblutung (Vasokonstriktionstraining) wird aber auch die Fähigkeit erlernt einen drohenden Anfall zu verhindern oder dessen Eskalation zu vermeiden.

Asthma

Durch Atem-Biofeedback und Reduktion der Muskelspannung des Frontalis oder Trapezius sollen die Betroffenen in der Behandlung mit Biofeedback an die Entspannung während eines vorgestellten Asthmaanfalles herangeführt werden. Gleichzeitig kann das Training von Brust- und Bauchatmung der Entspannungsvertiefung helfen.

ADHS

In der Behandlung von ADHS wird das EEG-Biofeedback (Neurofeedback) sehr erfolgreich angewandt. Ziel ist es hier, den Energieinhalt des Spontan EEG´s im Bereich des Beta-Bandes zu erhöhen (was stellvertretend für eine erhöhte Aufmerksamkeit steht) und im Theta-Band zu vermindern

Beruf

Wie auch im Sport können Spannung, Aufregung oder Angst dem Erfolg im Beruf im Wege stehen. Vor Allem im Management können die Wettbewerbszustände oft jenen aus sportlichen Wettkämpfen nahekommen. Biofeedback kann hier als Diagnostikum (wie stark stehe ich unter Stress?) und als Entspannungsmethode (wie trete ich dem Stress entgegen) angewandt werden.

Abseits des Managements wird es zunehmend populärer, Methoden wie Biofeedback auch im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements anzubieten. Dies ist wohl unter Anderem durch den Blick auf Mitarbeiter als wichtige Ressource und die hohen Kosten von Arbeitsausfällen durch Burnout zurückzuführen.

Depressionen

Neben einigen Varianten des Neurofeedback hat sich in letzter Zeit auch das HRV-Biofeedback als wirksame Behandlungsmethode für Depressionen gezeigt und wurde im Biofeedback-Review von Tan et al. (2016) mit der zweithöchsten stufe „Wirksam“ bewertet. HRV-Biofeedback hat das Ziel die Reagibilität des Herzschlages zu steigern. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.

Erektile Dysfunktion: Bei dieser Indikation wird primär das EMG-Biofeedback in Form einer Anal-Elektrode angewandt. Studien konnten zeigen, dass ein Beckenbodentraining mit Biofeedback hier hilfreich sein kann, um die Potenz wiederzuerlangen.

PTBS

In einer Studie erwies sich Atembiofeedback als praktische und leicht zu ergänzende Behandlungsmethode für die Posttraumatische Belastungsstörung. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe (kognitive Verhaltenstherapie) zeigte sich in der Atembiofeedback-Gruppe (Atem-Biofeedback plus kognitive Verhaltenstherapie) eine signifikant schnellere Symptomreduktion.

Diagnostik

Bevor man mit der Behandlung von stressbezogenen Symptomen beginnt, bietet es sich an, zuallererst eine psycho-physiologische Diagnostik durchzuführen. Diese können in Form von Kurzzeitmessungen (Stresstests) und Langzeitmessungen (über mehrere Stunden) durchgeführt werden und sollen z.B zeigen, welches Körpersystem am stärksten auf psychischen Stress reagiert oder in welchen Situationen Stress gehäuft auftritt.

Chronischer Rückenschmerz

Genauso wie bei Kopfschmerzen ist Biofeedback auch bei chronischem Rückenschmerz bestens dafür geeignet, den Teufelskreis aus Spannung und Schmerz zu durchbrechen. Auch hier wird hauptsächlich das EMG-Feedback angewandt.

Bluthochdruck

Studien haben gezeigt, dass ein gezieltes Atemtraining zur Verbesserung der Herzratenvariabilität eine blutdrucksenkende Wirkung hat. Die Herzfrequenz schwingt dabei im Rhythmus des Atems mit, wodurch das allgemeine Wohlbefinden gesteigert sowie der Blutdruck gesenkt wird.

Inkontinenz

Bei der Behandlung von Inkontinenz mit Biofeedback wird die Muskelspannung des Beckenbodens mittels EMG-Biofeedback und der Verwendung von Vaginal- oder Rektalelektroden gemessen und rückgemeldet. Darauf folgend werden Folgen von Anspannung und Entspannung trainiert. Vorteilhaft gegenüber herkömmlichem Beckenbodentraining ist hier, dass die präzise Ansteuerung des Beckenbodens schnell erlernt wird und damit auch die richtigen Muskeln trainiert werden.

Sucht

Hier wird Biofeedback angewandt, um Patienten zu ermöglichen, Selbstkontrolle gegenüber einem auslösenden Trigger-Reiz (wie z.B ein Bild eines alkoholischen Getränkes oder einer Zigarette) zu erlernen. Das Ziel ist, dass der Patient erlernt, sich in Suchtdrucksituationen zu entspannen und hilfreiche Verhaltensweisen übernimmt.

Leistungssteigerung im Sport

Biofeedback kann im Leistungsport als Diagnostikum und als Entspannungsmethode angewandt werden. Als Diagnostikum wird die Stress-Verarbeitung und Erholungsfähigkeit analysiert und bewusst gemacht. Der Stressor (z.B der Wettkampfstart) kann hier individuell vorgegeben werden. Verschiedene Phasen des Wettkampfes können nachgestellt werden, womit sich der Athlet ideal auf den Wettkampf vorbereiten kann.

Als Entspannungsmethode wiederum können Sportler beispielsweise lernen, in besonderen Wettkampfsituationen eine ruhige Hand zu bewahren oder punktgenau Energiereserven abzurufen. In einer Studie hat sich die Fähigkeit, die eigene Angst und den eigenen Stress in Leistungssituationen beherrschen zu können, als essentiell für den sportlichen Erfolg gezeigt.

Reizdarm

Vor Allem die bereits angesprochene HRV-Biofeedback hat sich in der Behandlung des Reizdarm-Syndroms als wirksam gezeigt. Zusammen mit anderen Störungen (siehe Punkt Wirksamkeit) wurde diese Indikation in die Rubrik 4 von 5 „Wirksam“ eingereiht.

Tinnitus

Biofeedback stellt ein gut akzeptiertes und wirksames Verfahren zur Verringerung der Beschwerden durch Tinnitus dar. Es erleichtert Patienten unter anderem den Schwenk von einer rein körperlichen Sichtweise hin zu einer psychosomatischen Betrachtung. Trainiert wird beispielsweise die Entspannungsfähigkeit der Stirn-, Kiefer-, Schulter- und Halsmuskulatur.4

Videos

Wer wendet es an?

Biofeedback wird von vielen Disziplinen angewandt. Dies liegt unter anderem an der Vielfältigkeit der Feedback-Modalitäten. Einige Indikationen werden auch von mehreren Berufsgruppen behandelt. Disziplinen, welche Biofeedback anwenden sind z.B:

Ärzte: Biofeedback wird von Ärzten z.B bei der Behandlung von chronischen Schmerzen, Asthma oder ADHS verwendet.

Psychologen und Psychotherapeuten: Typische Anwendungsgebiete von Biofeedback im Feld der Psychologie und Psychotherapie sind beispielsweise die Behandlung von Angststörungen, Depressionen oder auch Suchterkrankungen.

Ergotherapeuten: Biofeedback und Neurofeedback werden im Feld der Ergotherapie in vielfältiger Weise angewandt, der meistbeachtete Punkt ist aber wohl die Behandlung von ADHS mittels Frequenzbandtraining-Neurofeedback.

Doch auch bei Epilepsie hat sich beispielsweise ein Hautleitwerttraining als hilfreich erwiesen Nagai et al. (2004).

Physiotherapeuten: Im Bereich der Physiotherapie wird Biofeedback primär bei Störungen des Bewegungsapparates, bei chronischen Schmerzen und im Bereich der Muskelrehabilitation angewandt.

Logopäden: Angewandt wird Biofeedback hier z.B bei Koordinationsschwierigkeiten der Atmung, Kommunikationsängsten oder in der Therapie des Stotterns. Auch Stimmpatienten (heisere Sprechberufler wie Lehrer die meist mit Hochatmung und dadurch überanstrengt sprechen), können mit Biofeedback lernen, die Bauchatmung einzusetzen und kommen so zu einer entspannten, kraftvollen Stimmgebung.

Coaches und Berater: Biofeedback und Neurofeedback haben sich nicht nur in der Behandlung von klinisch relevanten Krankheiten bewährt. Auch im Bereich der Prävention und Leistungssteigerung werden die Methoden mit Erfolg eingesetzt.

In der Prävention sei hier exemplarische die betriebliche Gesundheitsförderung genannt und im Bereich der Leistungssteigerung (der sogenannten Peak Performance) die Leistungssteigerung von Spitzensportlern oder Top-Managern.

Ablauf eines Trainings

Natürlich ist jede Biofeedback-Therapie individuell zu betrachten und doch folgen die Sitzungen meist einer bestimmten Abfolge. Die Abfolge und genauso auch die Dauer der Biofeedback-Therapie hängt natürlich auch vom Setting ab. In manchen Situationen sind nur wenige Sitzungen möglich, dann ist es wichtig zu priorisieren und aus der verfügbaren Zeit das meiste herauszuholen.

Hier zeigt sich auch klar die Wichtigkeit der Rolle des Anwenders in der Arbeit mit Biofeedback und Neurofeedback. Die Systeme können zwar in der Planung unterstützen (z.B. mit vorgefertigten Vorlagen), die wesentlichen Entscheidungen der Planung trifft aber der Therapeut/Trainer.

Diagnostik und Vorbereitung

Beispiel: Stresstest mit Biolife

Beispiel: Stresstest mit Biolife

Nach einer generellen (Biofeedback-unabhängigen) Anamnese wird zu Beginn meist die Methode kurz vorgestellt. Viele Klienten kennen Biofeedback und Neurofeedback nicht und können mit einer einfachen Liniendarstellung an das Thema herangeführt werden.

Danach wird ein sogenanntes Stress- und Erholungsprofil erstellt. Dieses gibt Auskunft über die individuelle Stressreaktion des Klienten (wie stark? in welchen Parametern zeigt sie sich?) des Klienten und vor Allem auch über die Fähigkeit sich nachher wieder zu entspannen. Diese Biofeedback-Diagnostik ist dann gemeinsam mit der Anamnese auch der Ausgangspunkt für die individuelle Planung des Biofeedback-Trainings.

Trainingsphase
Nachdem die Ziele im Rahmen der Diagnostik festgelegt wurden beginnt die Phase des Biofeedback-Trainings in der verschiedenste Dinge erlernt werden können. Bei Morbus Raynaud könnte dies z.B. das Erwärmen der Hände auf über 30C sein oder bei Spannungskopfschmerz die Reduktion von Spannung in der Schultermuskulatur.

Diese Phase kann verschieden gestaltet werden, so kann der Klient z.B. sich zuerst mit dem Parameter vertraut machen, dann mittel unterstützender Medien (Musik, Videos) lernen sich zu entspannen und schlussendlich ein Schwellentraining durchführen um den Zielwert zu erreichen. Bei Fortschritt kann dann der Schwierigkeitsgrad erhöht werden.

Festigung und Transfer in den Alltag
Ziel des Trainings ist es die erlernten Fähigkeiten zu festigen und sie schlussendlich ohne Feedback durch das Gerät im Alltag nutzen zu können. So kann z.B. das Training so durchgeführt werden, dass das System zwar misst, aber der Klient das Feedback nicht sieht. Portable Biofeedback-Systeme können auch mit in belastende Situationen genommen werden um die Daten anschließen auszuwerten.

Das Ziel dieser Phase ist es schlicht und ergreifen das System verzichtbar zu machen, so dass der Klient selbstständig reagieren kann.

Ende
In der letzten Sitzung kann z.B. nochmals der Stresstest oder eine zu Beginn des Trainings durchgeführte Sitzung wiederholt werden und die Ergebnisse verglichen werden. Sinnvoll ist hier

Auch eine Rückschau, ein Blick auf die Erfolge und ein Planen von weiteren Übungen für zu Hause.
Sehr bewährt haben sich nach einer gewissen Zeit (ca. 6 Monate) auch sogenannte Booster-Sitzungen. Hier kommt der Klient nochmals vorbei und gemeinsam wird überprüft ob die gelernte Fähigkeit noch “gut sitzt” und bei Bedarf kann man dann nochmals “nach trainieren”.

Kosten

Auf verschiedenen Partnerseiten finden Sie detaillierte Informationen zu den Kosten und eventuellen Übernahmen von Biofeedback in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im Schnitt kann man sagen, dass sich die Kosten für eine Therapiestunde auf ca. €80 – €120 belaufen (bzW. 80 CHF – 130 CHF in der Schweiz).

Wirksamkeit

Im neuesten Review zur Wirksamkeit von Biofeedback und Neurofeedback (G. Tan, F. Shaffer, R. Lyle, & I. Teo (Eds.). Evidence-based practice in biofeedback and neurofeedback (3rd ed.).
Wheat Ridge, CO: Association for Applied Psychophysiology and Biofeedback.) wurde die Wirksamkeit von Biofeedback für einzelne Indikationen auf einer Skala für evidenzbasierte klinische Effektivität von psychophysiologischen Interventionen angegeben. Genauere Erläuterungen zu diesen Skalen finden Sie auf der Seite der AAPB. Die Angabe einer geringen Effektivität steht nicht automatisch dafür, dass Biofeedback hierbei nicht wirksam ist, sondern eben nur dafür, dass relevante wissenschaftliche Arbeiten hier dazu noch nicht vorliegen.

Die Effektivitätslevel

Level 5: Wirksam und spezifisch
ADHS

Level 4: Wirksam
Kopfschmerz bei Erwachsenen
Angst und Angstörungen
Muskelbezogener orofacialer Schmerz
Nicht-kardialer Brustschmerz
Haltungsbezogene Schmerzprobleme
Verstopfung
Depressive Störungen
Diabetes Mellitus: Glykämische Kontrolle
Epilepsie
Erektile Dysfunktion
Fäkalinkontinenz
Bluthochdruck
Reizdarmsyndrom
Präeklampsie
Morbus Raynaud
Schmerz durch Kiefergelenkkrankheiten (TMJD)

Level 2: Möglicherweise Wirksam
Zerebralparese
Schmerz vom Karpaltunnel-Syndrom in Zusammenhang mit Spannung im Oberarm und der Nackenmuskulatur
Myofaszialer Schmerz/Triggerpunkt bezogener Schmerz
Schleudertraume
PMS und Menstruationsbeschwerden
Schmerz von spastischen Muskeln und Muskelspasmen
COPD
Koronare Herzkrankheit
Diabetes Mellitus: Claudicatio intermittens
Funktionaler/Wiederkehrender Bauchschmerz
Hyperhidrose
Immunfunktion
Schlaganfall
Vasovagale Synkope

Level 3: Wahrscheinlich Wirksam
Alkohol/Substanz-Missbrauch
Arthritis
Asthma
Autismus
Chemobrain
Muskelbezogener Schmerz im unteren Rücken
Verkrampfung und Phantomschmerz
Schmerzsyndrome des Beckenbodens
Subluxation der Patella und Patellofemoraler Schmerz
Krebsbezogener Schmerz
Diabetes Mellitus: Diabetische Geschwüre
Fazialisparese
Fibromyalgie
Schlafstörungen
Reisekrankheit (Motion Sickness)
Leistungssteigerung
Posttraumatische Belastungsstörung
Repetitive-Strain-Injury
Tinnitus
Schädel-Hirn-Trauma und PTBS
Harninkontinenz bei Kindern
Harninkontinenz bei Männern
Harninkontinenz bei Frauen

Level 1: Keine empirische Unterstützung
Schmerz und Spastik aufgrund des Vernachlässigens von Mikro-Pausen
Komplexes regionales Schmerzsyndrom
Trigeminusneuralgie

 

Fazit

Abschließend berichten Frank et al. davon, dass das klinische Biofeedback-Training in den USA an Akzeptanz gewinnt. Während sich diese Daten auf die USA beziehen lässt sich für den deutschsprachigen Raums sagen, dass auch hier die Zufriedenheit mit dieser Methode gegeben ist. Bei 2 Befragungen dazu, welche bei Rief und Birbaumer (2010) zu finden sind, gaben jeweils um die 90% der befragen Patienten an, dass die Biofeedback-Behandlung für sie hilfreich oder sehr hilfreich gewesen sei.

Verwendete Literatur:

Wird gemeinsam mit Quellen laufend ergänzt

Frank, D. L., Khorshid, L., Kiffer, J. F., Moravec, C. S., & McKee, M. G. (2010). Biofeedback in medicine: who, when, why and how?. Mental health in family medicine, 7(2), 85.
Artikel hier abrufbar (PubMed)

G. Tan, F. Shaffer, R. Lyle, & I. Teo (Eds.). Evidence-based practice in biofeedback and neurofeedback (3rd ed.). Wheat Ridge, CO: Association for Applied Psychophysiology and Biofeedback.

Rief W., Birbaumer, N. (2011). Biofeedback. Stuttgart: Schattauer

http://www.mayoclinic.org/tests-procedures/biofeedback/details/why-its-done/icc-20169729

Übernahme einiger Informationen von Insight Instruments: Was ist Biofeedback?

Biofeedback in Deutschland

Gesundheitsinformationen
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Wissenschaftliche Angaben können durch den Fortschritt von Wissenschaft und Technik Änderungen jeglicher Art unterworfen sein.

Sie finden Ärzte in (Verlinkung ohne Gewähr)

Österreich: www.aerztekammer.at/arztsuche
Deutschland: http://www.bundesaerztekammer.de/service/arztsuche/
Der Schweiz: http://www.doctorfmh.ch/
1.
Frank D, Khorshid L, Kiffer J, Moravec C, McKee M. Biofeedback in medicine: who, when, why and how? Ment Health Fam Med. 2010;7(2):85-91. [PMC]
2.
Why it’s done – Biofeedback – Mayo Clinic. Why it’s done – Biofeedback – Mayo Clinic. http://www.mayoclinic.org/tests-procedures/biofeedback/details/why-its-done/icc-20169729. Zugegriffen Februar 23, 2017.
3.
Vorteile von Biofeedback: Fazit. Vorteile von Biofeedback: Fazit. http://www.biofeedback.co.at/alles-ueber-biofeedback/der-biofeedback-blog/artikel-zu-und-ueber-biofeedback/article/vorteile-von-biofeedback-fazit/. Zugegriffen Februar 23, 2017.
4.
Weise C, Heinecke K, Rief W. Biofeedback bei chronischem Tinnitus – Behandlungsleitfaden und vorläufige Ergebnisse zu Wirksamkeit und Akzeptanz. Verhaltenstherapie. 2007;17(4):220-230. doi: 10.1159/000111462